Die Historie der Evangelischen Kirche Witzhelden



Die Evangelische Kirche in Witzhelden

Bereits im 11. Jahrhundert ist das Barock-Bauwerk der evangelischen Kirche in Witzhelden entstanden und prägt seitdem das Ortsbild des Leichlinger Stadtteils.

Die Witzheldener Heimatforscherin, Lore May, konnte unter Zuhilfenahme des Kirchenarchivs Witzhelden die Geschichte der Kirche rekonstruieren und zusammenfassen.

Eine Tafel an der Südseite der evangelischen Kirche in Witzhelden gibt einige geschichtliche Hinweise auf das Barock-Bauwerk.
Bei den anlässlich der Restaurierung des Kirchenschiffs in den Jahren 1979-1982 durchgeführten Ausgrabungen fand man eine in Lehm gesetzte Steinstickung als Reste einer Ost-West orientierten Saalkirche, deren Entstehung wohl dem 11. Jahrhundert zuzuordnen ist. Die Maße im Inneren betrugen ca. 3,60 m x 8,00 m

Der im 12. Jahrhundert errichtete vierstöckige, mit einem Pyramidendach versehene Turm ist noch heute in seiner ursprünglichen Art erhalten. Er wird im Volksmund “der Alte vom Berge” genannt. Der vierstöckige Wehrturm mit Pyramidendach hat eine Höhe von ca. 20 m, im Inneren ein schweres Kreuzgratgewölbe und wurde mit heimischer Grauwacke gebaut.

Vergrößerung der Kirche im 13.Jahrhundert

Im 13. Jahrhundert wurde dann auf den Fundamenten der ersten Saalkirche eine um zwei Seitenschiffe vergrößerte Kirche erbaut . Der kurze zeitliche Abstand der beiden Bauten lässt auf eine wahrscheinliche Siedlungsexpansion in Witzhelden schließen. Die gefundenen farbigen Wandverputzreste sowie Stücke von Glasfenstern und einer dünnen Säule deuten auf eine relativ aufwändige Kirche hin.

Risse im Gewölbe und ein Abrutschen der Grundmauern zwangen im Jahre 1767 Pfarrer Pollmann im Einvernehmen mit dem Presbyterium zum Abriss der Kirche. Unter großen Opfern der Gemeinde, welche teils durch Geldspenden, teils durch Lieferung von Materialien oder durch freiwillig geleistete Arbeitsstunden aufgebracht wurden, ist bis zum Jahre 1773, also mit einem Zeitaufwand von sechs Jahren, ein neues, noch heute vorhandenes Gotteshaus mit den Maßen 19,50 m x 14 m gebaut worden. Leider konnte Pastor Pollmann die Vollendung seines Werkes nicht mehr erleben. Er starb am 21. März 1772. Vor dem Abriss des alten Gebäudes fertigte der Landmesser Johann Peter Tesche eine genaue Zeichnung der abzureißenden Kirche an.


Im Laufe der folgenden Jahre, noch bis heute, wurden immer wieder Restaurierungen an Kirche und Turm vorgenommen.

So musste im Jahre 1905 die alte Orgel, die über dem Altar ihren Standort hatte, entfernt werden. Pfarrer Liebig und das Presbyterium beschlossen, die neue Orgel auf der Empore an der Turmseite aufstellen zu lassen. Nun aber wirkte die Wand über dem Altar kahl und leer, deshalb ließ man ein rundes buntes Fenster - eine Christusrose - einbauen.



Die im Jahre 1904 beschafften neuen Öfen wurden im November 1951 durch eine elektrische Fußrastenheizung ersetzt.

Bei Restaurierungsarbeiten des Turmes 1971/72 wurde die alte gegen eine neue Türe ausgetauscht. Die Außenseite schmückt eine Figurengruppe, die das kirchliche Leben im Laufe des menschlichen irdischen Daseins darstellt. Die Innentürgriffe sind Fisch und Efeu. Der Turm war lange Jahre mit seit 1890 gepflanztem Efeu bewachsen, der aber 1949 entfernt wurde.

Umfangreiche Restaurierung

Eine umfangreiche Restaurierung der Kirche fand in den Jahren 1975 - 1982 statt. In dieser Zeit wurde auch das Südportal neu gestaltet. Inmitten des symbolisch dargestellten Universums als Türgriff sind Adam und Eva zu erkennen.



Bei den anlässlich der Renovierung gemachten Ausgrabungen wurden zahlreiche Grablegungen freigelegt. Hierbei handelt es sich um Angehörige der Rittersitze Bechhausen und Herscheid, Pfarrer sowie angesehene Bürger der Gemeinde. Noch heute sind in der Kirche die Totenschilde des letzten Freiherrn von Hücking und seiner Gemahlin aus Bechhausen zu sehen.


Der Ort Witzhelden ist bereits 1184 urkundlich belegt, die Kirche, HENRICUS geweiht, jedoch wird erst 1255 als dem Kölner Gereonsstift unterstellt, erwähnt.

Einer der ersten Geistlichen war ein gewisser Heidenreich, der ums Jahr 1241 hier lebte. Am 20. April 1559 wurde Gottschalk Rahm oder Ramäus, ein Kaufmannssohn aus Lennep, hier Pfarrer. Er führte zwischen 1560 und 1570 in Witzhelden die Reformation ein. Die Gemeinde wird heute von Stephan Schneider als 22. Pfarrer nach der Reformation betreut.

Die alten Kirchenglocken von 1435 und 1451 und die neue Glocke, 1997 vom Kirchbauverein e.V. Witzhelden gestiftet, rufen die Gläubigen zum Gottesdienst, erklingen zu Hochzeiten und Taufen, und sie begleiten die Verstorbenen auf ihrem letzten Weg zum Gottesacker.



Hebräische Inschrift


Über dem Seitenportal der Kirche befindet sich eine hebräische Inschrift des Alten Testaments aus dem Jahr 1768.



Es handelt sich um einen Ausruf aus dem Prophetenbuch Hesekiel (Ezechiel) in
Kapitel 48 Vers 35 (PR+EZECC+48 V 35) wo es heißt: “Und als dann soll die Stadt genannt werden: Hier ist der HERR.” was im hebräischen Originaltext der Bibel „Jahwe Schammah“ heißt: der allgegenwärtige Gott. Das ist einer der vielen Namen Gottes im Alten Testament, die Gottes Wesen beschreiben. Es bedeutet, dass der Herr gegenwärtig ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind und wir Gemeinschaft und eine persönliche Begegnung mit ihm haben können.


Das 48. Kapitel des Buches Hesekiel (Ezechiel) beschreibt die Aufteilung des heiligen Landes an die Stämme und die Namensgebung der Tore der Stadt. Es endet mit dem bereits zitierten “Hier ist der Herr”. Die Verwendung der hebräischen Sprache, der hebräischen Schriftzeichen, spricht für die enge Verbindung der evangelischen Gemeinde mit der Ursprache des Alten Testaments. Ähnliches finden wir an keiner anderen Kirche der Region.

Dass diese Schriftzeichen auch die Zeit des Nationalsozialismus überstanden haben, in der ja Juden und alles Jüdische und somit auch Hebräische verfolgt und schließlich vernichtet wurde, ist sehr bemerkenswert. Denn auch in Witzhelden gab es die Machtübernahme der NSDAP mit der Einsetzung von Parteimitgliedern aus Leichlingen als Bürgermeister.

Um die immer wieder anfallenden Renovierungsarbeiten bewältigen und finanzieren zu können, die nun einmal bei einer so alten Dorfkirche notwendig werden, wurde der Kirchbauverein e.V. 1977 gegründet.



 
Quelle: Archiv Lore May, Heider Weg 31, 42799 Leichlingen,
Stand: April 2015